Die “Allergie der Speiseröhre”
Die eosinophile Ösophagitis (engl. eosinophilic esophagitis, EE) kann auch als “Allergie der Speiseröhre” bezeichnet werden. Es handelt sich um eine spezielle Form der Speiseröhrenentzündung: Die bei allergischen Erkrankungen vermehrten Allergiezellen, die sogenannte eosinophilen Granulozyten, sind vermehrt in der Wand der Speiseröhre zu finden. Folge sind Beweglichkeitsstörungen der Speiseröhre und Schluckstörungen (Dysphagie).
Symptomatik
Das Leitsymptom, das wichtigste Symptom, ist die Schluckstörung (Dysphagie) und zwar ohne vorliegen einer nachweisbaren Engstelle (Stenose) in der Speiseröhre. Die eosionphile Ösophagitis kann sich aber auch mit anderer Symptomatik äußern, wie zum Beispiel Refluxbeschwerden.
Die Diagnose eosinophile Ösophagitis (EE) ist muss immer ausgeschlossen werden, bevor eine Operation wegen Refluxkrankheit oder Achalasie durchgeführt wird.
Definition:
Die EE ist definiert als chronisch entzündliche, immunvermittelte Erkrankung der Speiseröhre, mit Vermehrung der eosinophilen Granulozyten (> 15 Eosinophile/HPF = High Power Field).
Analog zur eosinophilen Ösophagitis gibt es auch eine sogenannte „Lymphozytäre Ösophagitis“. Hier sind dann die sogenannten Lymphozyten vermehrt. Diese Diagnose ist noch seltener als die EE.
Verdachtsdiagnose:
Die Verdachtsdiagnose EE kann sich bei der Endoskopie ergeben, wenn die Speiseröhrenschleimhaut ein sogenanntes Strickleiterphänomen zeigt.
Diagnostik:
Für die Daignostik der EE Ösophagitis ist zunächst eine Ösophagogastroduodenoskopie (Speiseröhren-Magenspiegelung) durchzuführen. Hierbei muss dann eine Stufenbiospie der Speiseröhre (Probenentnahme alle 5cm – jeweils 2 Proben) entnommen werden.
Eine hochauflösende Manometrie kann (muss aber nicht) bei der EE durchgeführt werden. Die Manometrie kann bei EE alle möglichen Motiliätsstörungen zeigen. Ein spezifisches Bild gibt es nicht.
Auch eine Breischluckuntersuchung zeigt kein typisches Bild, so das auch diese Untersuchung speziellen Fragestellungen vorbehalten bleibt.
Therapie
PPI Therapie
Die Einnahme eines Säureblockers (PPI) ist heute auch bei der eosinophilen Ösophagitis die erste Behandlungsotion. Es ist bekannt dass eine Eosinophile der Speiseröhre auf PPI Einnahme zurückgebildet werden kann (Hirano & Furata, 2020, Gastroenterlogy). In Studien ist eine Effektivität dieser Therapie mit 42% Ansprechrate angegeben. Dies ist zwar niedriger, als was mit Cortison zu erzielen ist. Allerdings ist de Nutzen-Risiko-Relation sehr günstig, weshalb von aktuellen Leitlinien als Erstlinienterapie die PPI Medikation empfohlen wird.
Cortison-Präparate (Budesonid)
Die besten Therapieerfolge sind in Studien mit geschlucktem Cortison (Budesnid) gezeigt worden (Hirano & Furata et al., 2020, Gastrenterlogy).
Eine aktuell in 2019 publizierte Arbeit zur Jorveza®-Schmelztablette (1mg Budesonid) und Vergleich mit Plazebo hat nach 6 Wochen ein 58%iges Ansprechen gezeigt. Die Ergebnisse der Studie Cortison Schmelztablette versus Plazebo werden hier referiert.
Im eigenen Vorgehen wird die Jorveza®-Schmelztablette (1mg Budesonid) 1-0-1, morgens und abends jeweils nach einer Mahlzeit, empfohlen. Der Patient soll den sich aus der Schmelztablette lösenden Wirkstoff nach und nach mit dem Speichel schlucken. Wichtig iste es die Tablette keinesfalls mit Flüssigkeit oder zusammen mit Nahrung einzunehmen und anschließend nach der Tabletteneinnahme mindestens 30 Minuten lang nichts zu essen oder zu trinken.
Als Nebenwirkung der Therapie mit Cortison entwickeln bis zu 30% eine Pilzbesiedelung (Candida) der Speiseröhre (Soor-Ösophagitis) oder des Mundes (Soor-Stomatitis). Die Behandlung erfolgt mit Antimykotika (Pilzmittel).
Diäten (sog. Eliminationsdiät)
Als weitere Erstlinientherapie wird sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen mit EE eine sogenannte Eliminationsdiät empfohlen (Hirano & Furata et al., 2020, Gastrenterlogy).
Die sogenannte “Six-Food-Elimiantion Diet” wird als am besten wissenschaftlich untersucht angesehen und soll eine Ansprechrate der EE von 60 bis 70 % haben (Hirano & Furata et al., 2020, Gastrenterlogy; Arias et al., 2014, Gastroenterlogy).
Bougierung/ Dilatation bei fibrotischen Stenosen
Wenn sich durch eine EE Strikturen (narbige Engestellen) bilden, eine endoskopische Bougierung oder Dilatation erforderlich sein (Aufdehnung der Enge).
Operative Therapie
Die eosinophile Ösophagitis ist normalerweise kein Fall für eine Operation. Die Therapie erfolgt operativ und ggf. Interventionell (Dehnung) wie oben beschrieben.
Trotzdem gibt es Fälle, in denen nach Ausbehandlung einer EE eine Achalasie “überbleibt”. Es ist nicht bekannt, ob in diesem Fall die EE die Achalasie Erkrankung bedingt hat, oder ob die Patienten einfach beide Erkrankungen gehabt haben.
In solchen Fällen kann dann die Achalasie erfolgreich, zum Beispiel mit der POEM Operation, behandelt werden.
Das Vorgehen ist wie folgt:
- Konservative Therapie wie oben beschrieben
- Nachweis des Therapieerfolges mit ÖGD (Speiseröhren-Magenspiegelung) und Stufenbiopsie (Probenentnahme auf mehreren Etagen)
- Hochauflösende Manometrie
- Breischluck
- Bei Nachweis eines Manometrienbefundes wie Achalasie – Therapie wie bei Achalasie (POEM oder LHM+Dor)
Interessenkonflikte
Aufgrund der Tatsache, dass in diesem Beitrag eine neue medikamentöse Therapie (Jorveza Schmelztablete) erwähnt und durch Literatur (Lucendo et al., 2019) belegt wird, muß hier betont werden: Der Autor (Prof. Burkhard von Rahden) hat keinen Interessenkonflikt. Es bestehen keine persönlichen finanziellen Interessen bezüglich dieses Präparates. In der Publikation sind allerdings zahlreiche Interessenkonflikte der Autoren des Studie angegeben. Die Interessenkonflikte der Autoren werden hier im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Studieninhalte aufgelistet.
Literatur
- Hirano I, Furuta GT (2020) Approaches and Challenges to Management of Pediatric and Adult Patients With Eosinophilic Esophagitis. Gastroenterology. 2020 Mar;158(4):840-851. [PubMed]
- Lucendo AJ, Miehlke S, Schlag C, Vieth M, von Arnim U, Molina-Infante J, Hartmann D, Bredenoord AJ, Ciriza de Los Rios C, Schubert S, Brückner S, Madisch A, Hayat J, Tack J, Attwood S, Mueller R, Greinwald R, Schoepfer A, Straumann A; International EOS-1 Study Group. Efficacy of Budesonide Orodispersible Tablets as Induction Therapy for Eosinophilic Esophagitis in a Randomized Placebo-Controlled Trial. Gastroenterology. 2019 Jul;157(1):74-86.e15. [PubMed]
- Arias A, González-Cervera J, Tenias JM, Lucendo AJ. Efficacy of dietary interventions for inducing histologic remission in patients with eosinophilic esophagitis: a systematic review and meta-analysis. Gastroenterology. 2014 Jun;146(7):1639-48. [PubMed]