Definition der Rectusdiastase

Als Rectusdiastase (engl. “rectus diastasis”) wird das Auseinanderweichen der geraden Bauchmuskulatur, mit Vorwölbung der Bauchwand dazwischen, definiert. Normalerweise ist die Mittellinie zwischen den beiden Bauchmuskeln (Musculus rectus abdominis) 1 bis 2 cm breit. Über 2 cm spricht man nach aktueller Definition von Rectusdiastase.

Am häufigsten ist eine Rectusdiastase bei

  • Männern mittleren Alters und Stammfettsucht
  • Frauen die einen sehr großen Fetus oder Zwillinge ausgetragen haben

Neu erkannte klinische Bedeutung der Rectusdiastase

Im Studium und aus Lehrbüchern haben wir Ärzte gelernt, dass der Rectusdiastase keinerlei Bedeutung zukommt. Anders formuliert handelt es sich nur um eine anatomische Variante. Diese hat keinen Krankheitswert und eine Therapie ist entsprechend nicht erforderlich.

Jetzt scheint sich diese Sichtweise etwas zu ändern. Zunehmend wird die Bedeutung der Rectusdiastase im Zusammenhang mit Narbenhernien erkannt. Narbenhernien sind “Brüche der Bauchwand”, die als Folge von Voroperationen am Bauch entstehen.

Operative Therapie Narbenhernie

Muss eine solche Narbenhernie operativ korrigiert werden, bei gleichzeitigem Vorliegen einer Rectusdiastase, so muss diese besondere Konstellation berücksichtigt werden. Das operative Vorgehen muss entsprechend angepasst werden.

Es besteht heute Einigkeit, dass bei Narbenhernien ein Kunsstoffnetz implantiert werden muss. Am besten ist die Platzierung dieses Netzes zwischen den Schichten der Bauchwand (Sublay-Netzplastik). Ein zwischenzeitlich propagiertes minimal-invasives Vefrahren mit Platzierung des Netzes in der Bauchhöhle (Laparoskopisches IPOM) ist wegen unterlegener Ergebnisse weitestgehend wieder verlassen worden.

Spezialfall Narbenhernie + Rectusdiastase

Neu konzipierte Operationstechniken tragen der besonderen Konstellation Rechnung. Sehr gute Ergebnisse werden mit den neuen Operationsverfahren erzielt. Die Namen dieser Verfahren sind.

  • MILOS (=mini-open sublay repair)
  • EMILOS (=endoscopic mini-open suplay repair)
  • ELAR (=endoscopic linea alba reconstruction)
  • eTEP (=enhanced total extraperitoneal ventral hernia repair)
  • LIRA (=laparoscopic line alba stapler repair)
  • REPA (=preaponeuroztic endoscopic repair)
  • TES (=totally-endoscopic sublay)

Diese Vielfalt der neuen Operationsverfahren zeigt, dass die chirurgische Technik noch sehr wenig standardisiert ist. Aus diesem Grunde ist es wichtig einen Chirurgen zu finden, der mit dem aktuellen Stand der Forschung vertraut ist. Denn zunehmend werden die Behandlungsmöglichkeiten differenzierter. Hierdurch hofft man, die Behandlungsergebnisse weiter verbessern zu können.

Neue Klassifikation der Rectusdiastase

Experten der Deutschen Hernien Gesellschaft (DHG) und der Internationallen Endohernie Society (IEHS) haben jetzt eine neue Klassifikation der Rektusdiastase vorgeschlagen, um die Vergleichbarkeit von Studienergebnissen in Zukunft zu verbessern (Reinpold et al., 2019, Front Surg). Diese einheitliche Klassifikation wurde basierend auf Studienergebnissen erstellt. Insgesamt wurden aber nur 30 relevante Pubkikationen eingeschlossen.

Literatur

  • Reinpold W, Köckerling F, Bittner R, Conze J, Fortelny R, Koch A, Kukleta J, Kuthe A, Lorenz R, Stechemesser B. Classification of Rectus Diastasis-A Proposal by the German Hernia Society (DHG) and the International Endohernia Society (IEHS). Front Surg. 2019 Jan 28;6:1. doi: 10.3389/fsurg.2019.00001. [PubMed] [Frei verfügbarer Volltext]