Das “Problem Achalasie” resultiert aus …

Fortgeschrittene Achalasie mit (beginnender) sigmoidaler Transformation in der Breischluckuntersuchung
  • … der geringen Häufigkeit des Krankheitsbildes (ca. 1 bis 2 diagnostizierte Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr)
  • … der Schwierigkeit die Achalasie zu erkennen. In frühen Stadien der Erkrankung sieht die Speiseröhre in der ÖGD (Speiseröhren-/ Magenspiegelung) weitestgehend normal aus. Die Achalasie kann nicht oder nur schwer erkannt werden. Und selbst in Fällen mit fortgeschrittener Achalasie kann selbst für einen erfahrenen Untersucher die Diagnose schwierig sein.
  • … der aus der Seltenheit der Erkrankung resultierenden geringen Erfahrung der meisten Untersucher mit der Achalasie.
  • … der dadurch häufig verkannten oder ignorierten Bedeutung der Achalasie.
  • … der zu selten gestellten Indikation zur Manometrie (Druckmessung der Speiseröhre) dem diagnostischen Verfahren der Wahl zur Diagnose einer Achalasie

Anekdote 1

Ein erfahrener Gastroenterologe wies einen 34jährigen Patienten mit 17 Jahre (!) dauernder Leidensgeschichte zu. Wiederholt waren Magenspiegelungen durchgeführt und die Erkrankung stets als gastroösophageale Refluxkrankheit eingeordnet worden. In der endlich durchgeführten Funktionsdiagnostik mit Manometrie und Refluxmessung wurde die Refluxerkrankung ausgeschlossen und die bereits fortgeschrittene Achalasie – mit Erweiterung der Speiseröhre – diagnostiziert.

Anekdote 2

Ein Hausarzt erzählte, er habe die persönliche Einladung zu einer Fortbildungsveranstaltung über Achalasie und Funktionsdiagnostik sofort weggeworfen – O-Ton: „Zu speziell!“.

Leidenswege vor der Diagnosestellung

Achalasie-Patienten haben häufig einen langen Leidensweg, bevor sie einen mit dieser Erkrankung vertrauten Experten finden und eine adäquate Diagnostik und Therapie durchgeführt werden.
Oft sind die Symptome über Jahre verkannt und missinterpretiert worden: So werden Brustschmerzen als Herzbeschwerden fehlgedeutet und eine kardiale Diagnostik (Herzabklärung) veranlasst. Aufstoßen wird als Refluxkrankheit fehlinterpretiert und mit Säureblockern behandelt. Auch Schluckstörungen und Gewichtsverlust werden zunächst anderen Ursachen zugeschrieben. Schließlich werden manchen Patienten sogar ausschließlich psychische und psychosomatische Erkrankungen diagnostiziert.

Leidenswege nach der Diagnosestellung

Auch nach Diagnosestellung ist der Leidensweg der Achalasiepatienten oft noch nicht beendet, sondern setzt sich auch in der Therapie fort: Viele Patienten brauchen lange, bis sie einen in der Therapie der Achalasie erfahrenen Spezialisten finden. Oft erhalten die Patienten nach Diagnosestellung keinen sinnvollen Rat, wo und wie die Therapie erfolgen könnte.

Ankedote 3

Einem Patienten wird nach Diagnosestellung an einer Klinik gesagt, wo die Operation durchgeführt werde wisse man nicht. Da müsse der Patient mal selbst im Internet schauen.

Auch  im Internet verfügbare Informationen sind oft knapp, unverständlich, unwissenschaftlich oder veraltet. Gerade in den letzten Jahren haben sich wichtige Neuerungen im Bereich der Diagnostik (z.B. Hochauflösende Manometrie, HRM) und Therapie der Achalasie (z.B. POEM) ergeben, deren Bedeutung heute nicht mehr ignoriert werden sollte.

Viele Achalasie-Therapeuten beherrschen nur eines der inzwischen vielfältigen verfügbaren Therapieverfahren und bieten damit nur einen Teil des Spektrums der Behandlungsmöglichkeiten (PD oder LHM oder POEM) an. Hierdurch kommt es zu einer “Verzerrung”, weil die Behandler oft nicht das für den Patienten beste Verfahren empfehlen, sondern das Verfahren, was von ihnen beherrscht wird. Somit wird dann bisweilen zu sehr auf eine Methode fokussiert.

Anekdote 4

Ein 63jähriger Patient erhält im Jahr 1982 die Diagnose einer Achalasie und wird in den Jahren bis 2013 insgesamt 40mal (!) einer Ballondilatation unterzogen. Zum Zeitpunkt der Vorstellung in unserer Klinik zur Diagnostik und Therapie ist die Speiseröhre bereits grotesk erweitert und hat im unteren Abschnitt vor dem Mageneingang einen Siphon gebildet, der mit dem Endoskop nicht mehr zu passieren ist.