Implantation von biologischen Netzen bei großen Zwerchfellbrüchen (Oelschlager 2006 und 2011)

Hintergrund

Obwohl die Operationen bei Zwerchfellbruch (Hiatushernie) und Refluxkrankheit (GERD) zu einer sehr guten Symptomkontrolle führen, sind sie doch durch das Problem belastet, dass es zum Rezidiv (Wiederauftreten) kommen kann.

Meistens kommt es zum rezidiv (Wiederauftreten) wenn der durch Naht verschlossene Zwerchfellschlitz (Hiatus) wieder aufgeht. Dies (nimmt man an) ist Resultat unserer Lebensweise mit

  • schwerer körperlicher, das Zwerchfell belastender Tätigkeit
  • aufrechtem Gang
  • Pressen beim Stuhlgang
  • faserarmer westlicher Kost
  • Übergewicht etc.

Als Lösung des Problems wird von vielen Chirurgen inzwischen die Implantation eines Netzes angesehen. Solche Netze könenen resorbierbar (vom Körper abbaubar) oder auch nicht resobierbar (nicht-abbaubar) sein. Ursprünglich hatte man Resepekt davor, ein permanentes Kunsstoffnetz im Bereich des Zwerchfellschlitzes in der Nähe zur Speiseröhre zu implantieren.

Eine Lösung dieses Problems sollten biologische Netze sein, die sich vollständig auflösen. Diese biologischen Netze sollten allein als eine “Matrix” dienen, um die stabilde narbige Verheilung des rekonstruierten Zwerchellschlitzes zu ermöglichen.

Studie von Oelschlager et al., 2006

Brant Oelschlager und Kollegen von der Washington-Universität in Seattle haben die Verwendung eines biologischen Netzes zur Rekonstruktion des Zwerchfellschlitzes bei großen Zwerchfellbrüchen (Hiatushernien) untersucht. Die Ergebnisse wurden 2006 in der besten chirurgischen Zeitschrift THE ANNALS OF SURGERY veröffentlicht.

Insgesamt 108 Patienten mit großem Zwerchfellbruch sind an 4 verschiedenen Institutionen in die Studie eingeschlossen worden. Es war per Los entschieden worden, ob eine Reparatur des Zwerchfellschlitzes mit Naht (57 Patienten) oder ob zusätzlich ein biologisches Netz implantiert (51 Patienten) erfolgte

Nach 6 Monaten Nachbeobachtungszeit wurde dann mit einer Ösophagus-Kontrastmittel-Breischluckuntersuchung beurteilt, ob ein Rezidiv (Wiederauftreten) vorliegt oder nicht. Dies wurde durch einen unabhängigen Radiologen vorgenommen, der “geblindet” war für das zuvor durchgeführte operative Vorgehen. Ein “Hochrutschen” des Magens (sog. “Hiatushernienrezidiv”) größer als 2cm wurde als Rezidiv angesehen.

Ergebnisse nach 6 Monaten

Die Nachuntersuchung nach 6 Monate wurde bei 90% der Patienten wie geplant mit der Röntgenuntersuchung (Breischluck) durchgeführt. Einen Symptomfragebogen füllten 93% der Patienten aus.

  • Die OP-Zeit war statistisch gesehen gleich lang in beiden Gruppen (202 Min. mit Netz vs. 183 Min. mit Naht)
  • Die Komplikationen waren gleich selten in beiden Gruppen
  • Es gab keine Reoperationen wegen Rezidiv
  • Es gab keine Netz-bedingten Komplikationen

Mit der radiologischen Untersuchung wurden Rezidive detektiert:

  • in 9% (4 Patienten) in der Gruppe mit biologischem Netz
  • in 24% (12 Patienten) in der Gruppe mit Naht

Die Autoren zogen die Schlußfolgerung, dass die Implantation des biologischen Netzes kurzfristig (nach 6 Monaten) geeignet was die Rezidiv-Rate (Rate des Wiederauftretens zu senken.

Ergebnisse nach 5 Jahren

Nach 5 Jahren wurden dann die Langzeitergebnisse im AMERICAN COLLEGE OF SURGEONS publiziert. Den Patienten wurde wiederum eine Breischluckuntersuchung angeboten.

Bei den insgesamt durchgeführten 60 radiologischen Untersuchungen (Breischluck) wurden folgende Raten an Rezidiven in den Gruppen gefunden:

  • 59% (20 von 39 Patienten) in der PR Gruppe und
  • 54% (14 von 33 Patienten) in der SIS Gruppe

Die Gruppen waren nicht unterschiedlich hinsichtich Symptomen. Netz-bedingte Komplikationen traten nicht auf.

Schlußfolgerung der Autoren war, dass mit beiden Verfahren (Naht und mit Netz) gute Symptomkontrolle erzielt werden kann. Allerdings zeigen die Langzeitergebnisse keine Vorteile für das biologische Netz.

Kommentar:

Diese Studie zeigt einerseits, dass die Implantation eines biologischen Netzes nichts bringt. Diese OP-Strategie ist daher verlassen worden.

Auch zeigt dieser Ductus der Publikationen, dass die Ergebnisse zunächst enthuysiastisch hochrangigst publiziert wurden, um dann im Langzeitverlauf die massiv schlechteren Ergebnisse nur noch in einem niedrigrangigeren Journal unterzubringen.

Noch viel wichtiger ist allerdings das Ergebnis, dass die Rezidivraten in beiden Gruppen sehr hoch sind. Dies unterstreicht eindeutig, dass eine andere Strategie benötigt wird. Aktuell werden zur Schaffung von mehr Stabilität Kuststoffnetze eingebaut.

Literaturstellen:

  • Oelschlager BK, Pellegrini CA, Hunter JG, Brunt ML, Soper NJ, Sheppard BC, Polissar NL, Neradilek MB, Mitsumori LM, Rohrmann CA, Swanstrom LL (2011) Biologic prosthesis to prevent recurrence after laparoscopic paraesophageal hernia repair: long-term follow-up from a multicenter, prospective, randomized trial. J Am Coll Surg. 2011 213(4):461-8. doi: 10.1016/j.jamcollsurg.2011.05.017. Epub 2011 Jun 29. [PubMed]
  • Oelschlager BK, Pellegrini CA, Hunter J, Soper N, Brunt M, Sheppard B, Jobe B, Polissar N, Mitsumori L, Nelson J, Swanstrom L (2006) Biologic prosthesis reduces recurrence after laparoscopic paraesophageal hernia repair: a multicenter, prospective, randomized trial. Ann Surg. 2006 Oct;244(4):481-90. [PubMed] [Frei verfügbarer Download]

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