Eine chirurgische Herausforderung, die es anzunehmen gilt!
Der Krebs der Bauchspeicheldrüse – das Pankreaskarzinom – ist in vielerlei Hinsicht eine chirurgisch sehr herausfordernde Erkrankung. Allerdings muss der Chirurg diese Herausforderungen unbedingt annehmen, da die radikale Operation die einzige Chance für Heilung dieser Patienten darstellt. Anders ausgedrückt, die operative Entfernung des tumortragenden Organs mit angrenzenden Lymphknoten ist die einzige kurative Therapieoption.
Rekonstruktion nach Entfernung des Bauchspeicheldrüsenkopfes (Whipple-OP)
Alle Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse sind sehr komplex. Beispielsweise nach Entfernung des Bauchspeicheldrüsenkopfes und des Zwölffingerdarms müssen mehrere wichtige Strukturen “rekonstruiert” werden : Sowohl der Bauchspeicheldrüsenrest, als auch der Gallengang und der Magen müssen wieder mit dem Dünndarm verbunden werden. Resektion und Rekonstuktion beim Bauchspeicheldrüsenkopfkarzinom werden an anderer Stelle anschaulich laienverständlich dargestellt, damit Sie die Komplexität dieser Operation verstehen können.
Erschwerdend kommt bei dieser Art von Operation hinzu, dass Bauchspeicheldrüsensaft und Galle – die sogenannten “tryptischen Säfte” – eine “gefährliche Mischung” darstellen. Treten diese Verdauungssekrete bei auch nur geringer Undichtigkeit einer Nahtverbindung auf, kann es zum “Andauen” von umgebenden Strukturen kommen. Insbesondere kritische Blutungen können hierbei zum Problem werden.
Dies ist einer der zahlreichen Gründe, warum die Chirurgie der Bauchspeicheldrüse nur von Experten in spezialisierten Zentren durchgeführt werden sollte, wo auch die erforderliche Infrastruktur für das Komplikationsmanagement vorhanden ist.
Fragen Sie, ob in der Klinik, in der die Bauschpeicheldrüsenoperation durchgeführt werden soll ein “interventioneller Radiologe” rund um die Uhr verfügbar ist!
Allerdings kann diese OP nur bei bestimmten Vorraussetzungen überhaupt durchgeführt werden:
1. Abwesenheit von Metastasen
Werden bei einem Bauschspeicheldrüsenkrebs Metastasen, also Tochtergeschülste, gefunden, wird eine chirurgische Radikaloperation allgemein nicht mehr als sinnvoll angesehen. Allerdings sollte hinterfragt werden:
- Wie sicher ist es, dass tatsächlich Fernmestasen vorliegen? – Bisweilen wird dies allein anhand eines CT angenommen. Allerdings ist bekannt, dass ein als Metastasen-typisch angesehener Befund manchmal nicht einer Metastase entsprechen muss! Es kann sinnvoll sein eine Zweitmeinung einzuholen!
- Ist eine histologische Sicherung erfolgt? – Die Probenentnahme aus einer Metastasen-verdächtigen Läsion ist der Goldstandard um tatsächlich sagen zu können, dass eine Metastase vorliegt. Fragen Sie, wie sicher eine Metastase anzunehmen ist, und ob nicht eine histologische Sicherung erfolgen sollte!
2. Lokale Entfernbarkeit des Tumors
Nach dem Ausschluß von Fernmetastasen (Absiedelungen in Nachbarorganen, wie Leber, Lunge, Nebenniere) kann eine Operation in Betracht gezogen werden. Die Entscheidung zur Operation – die die einzige Chance zur Heilung darstellt – wird ebenfalls hauptsächlich basierend auf der Computertomographie getroffen.
Allerdings kann es im Einzelfall sinnvoll sein Untersuchungsergebnisse anderer Untersuchungsverfahren in die Entscheidung zur Operation mit einzubeziehen:
- Endosonographie = Endoskopischer Ultraschall (EUS): Auch dieses Verfahren bringt sehr genaue Informationen über den Bezug der Tumormasse zu den umgebenden Strukturen.
- Kernspintomographie = Magnetresonanztomographie (MRT): Dies ist ein weiteres schittbildgebendes Verfahren, mit dem die Lagebziehungen des Tumors in der Bauchspeicheldrüse zu den entscheidenden Nachbarstrukturen sehr gut beurteilt werden kann.
- Endoskopisch retrograde Cholangio Pankcreaticographie (ERCP): Dies endoskopische Verfahren ist eine Methode zur Untersuchung der Gänge des Gallenwegssystems und der Bauchspeicheldrüse. Die ERCP kommt vor allem bei gestörtem Galleabfluss zur Anwendung.
- Staging-Laparoskopie (Bauchspiegelung): Eine Tumormanifestation, die mit keiner der vorgenannten Verfahren sicher ausgeschossen werden kann, ist die Aussaat in die Bauchhöhle (Peritonealkarzinose). Kleine Knötchen am Bauchfell können nur durch direkte Inspektion erkannt werden. Dies kann mit einer Laparoskopie oder (noch genauer) durch chirurgische Exploration der Bauchhöhle über einen Bauchschnitt, abgeklärt werden.
3. Operierbarkeit des Patienten
Neben der Resektabilität (Entfernbarkeit des Tumors) muss natürlich auch die Operierbarkeit des Patienten vor einer großen Operation geprüft werden. Hier sind alle anderen Organsysteme (Herz, Lunge, Leber, Niere etc.) relevant. Weiteres wichtiges Kriterium ist natürlich auch, dass der Patient auch bereit sein muss für eine große viszeralchirurgische Operation. Der Patient muss für den Eingriff belastbar sein. Und der Patient muss natürlich auch willens sein, den Eingriff gemeinsam mit dem Chirugen durchstehen zu wollen. Denn der Patient muss nach dem Eingriff frühzeitig mobilisiert werden. Die vorgeschlagene Physiotherapie und Atemgymnastik muss mitgemacht werden. Und der Patient muss auch in eventuell erforderliche Folgemassnahmen bei Komplikationen einwilligen.
Die chirurgische Exploration gibt Klarheit über Entfernbarkeit/ Nicht-Entfernbarkeit des Tumors
Eigentlich bietet nur die chirurgische Exploration die letzte Sicherheit, ob ein Tumor nun mit dem Ziel der Heilung entfernbar (resektabel) oder nicht entfernbar (irresektabel) ist. Zwar kann die Computertomographie (CT) und die vorgannten zusätzlichen Untersuchungsverfahren entsprechende Hinweise geben. Aber ganz genau kann das nur anhand der chirurgischen Freilegung durch den erfahrenen Chirurgen beurteilt werden.
Kriterien, die es unmöglich machen den Tumor vollständig zu entfernen
- Einwachsen in große Eingeweidearterie (Arteria mesenterica)
- Infiltration “Mesenterialwurzel” (Gefäßsstiel der Eingweide)
- Vorwachsen in das “Retroperitoneum” (Raum hinter dem Bauchraum)
Zwar gibt es Kriterein im CT, die geeignet sind mehr oder weniger eindeutig nahezulegen, ob eine chirurgische Resektion möglich sein wird. Schlußendliche Sicherheit, ob die chirurgische Option funktionieren kann, gewinnt man allerdings erst bei der chirurgischen Exploration (Eröffnung der Bauchhöhle mit akribischer Inspektion der Abdominalhöhle).
Das Einwachsen der Tumors in die Pfortader ist kein prizipielles Kriterium für “Irresektabilität”. In diesem Fall kann eine Gefäßrekonstruktion erfolgen.
Der Pathologe ist die letzte Instanz ob vollstädnige Entfernung gelungen ist!
Die letzte Instanz, ob der vollständige Entfernung des Tumors gelungen ist, ist der Pathoge oder Pathologin. Er/ Sie untersucht das Resektat (OP Präparat mit dem Tumor) unter dem Mikroskop. Er/ Sie beurteilt, ob am Rand des Präparates Tumorzellen zu finden sind, oder ob das Ziel des tumorfreien Randes erzielt worden ist.
Problematisch ist beim Bauchspeicheldrüsenkrebs, dass die Unterscheidung von chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung schwierig sein kann. Oft kann erst vom Patholgen festgelegt werden, ob es sich um Tumor oder chronische Entzündung im Bereich des Bauchspeicheldrüsenkopfes gehandelt hat.
Fazit:
- Der Bauchspeicheldrüsenkrebs fordert einen erfahren Viszeralchirurgen und viele andere Fachdisziplinen (Radiologie, Pathologie, Onkologie, ggf. Strahlentherapie, Physiotherapie etc.).
- Die Beurteilung der Entfernbarkeit des Tumors muss durch einen erfahrenen Viszeralchirurgen erfolgen.
- Die genauste Aussge ermöglicht die chirurgische Exploration.
- Beim Bauchspeicheldrüsenkrebs ist immer die Abgrenzung von der chronischen Entzündung wichtig, die ebenfalls eine Tumor-artige Masse bilden kann.
- Im Zweifelsfall lieber eine Zweitmeinung einholen, ob die Therapie wirklich den aktuell gültigen Behandlungsgrundsätzen und Leitlinen entsprechend erfolgt.
Aktuell noch gültige deutschsprachige Leitlinie (DGVS) zum Pankreaskarzinom:
- Adler G, Seufferlein T, Bischoff SC, et al. (2007) S3-Leitlinie Exokrines Pankreaskarzinom. Z Gastroenterol. 2007 Jun;45(6):487-523. [PubMed] [Frei zum Download]